Abkehr vom Zeitgenössischen

Herwig G. Höller, 27. Jänner 2013,

Sloweniens Streit über sein Wiener Kulturinstitut SKICA

Wien – Seit einem Jahr existiert mit SKICA in Wien das bislang einzige Kulturinstitut Sloweniens im Ausland. Doch die Leiterin und einzige Angestellte Ana Novak hätte sich das Jubiläum anders vorgestellt: Nachdem das Außenministerium zum Geburtstag gratulierte, erklärte das für SKICA zuständige Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport die Institution einsparen zu wollen. Außenminister Karl Erjavec, der zuletzt den Rücktritt von Premierminister Janez Jansa gefordert hatte, protestierte postwendend gegen den Plan seines Ministerkollegen Z iga Turk. Dieser ist seinerseits ein enger Jansa-Mitstreiter. Die Agonie der slowenischen Mitte-rechts-Regierung ist somit auch in der Kulturaußenpolitik und in Wien angekommen.

Das Slowenisches Kulturinformationszentrum in Österreich war von der damaligen Mitte-links-Regierung als Pilotprojekt konzipiert worden, dem weitere Kulturzentren folgen sollten. Die Neoinstitution kümmerte sich ums Marketing für zeitgenössisches Kulturschaffen in Wien, sie trat aber auch als Veranstalter auf. Im Literaturhaus Wien wurde Nachwuchs präsentiert, für Aufmerksamkeit sorgte eine Ausstellung der Sesseldesignlegende Niko Kralj im AzW, kleinere Akzente wurden in bildender Kunst und Musik gesetzt. Insgesamt war von einem jährlichen Budget von 90.000 Euro die Rede, hinzu kamen Kosten für Büro und das Beamtengehalt der Leiterin.

Gerade letzteres möchte MIZKS nun einsparen. Das für SKICA vorgesehene Programmbudget werde jedoch weiterhin für kulturelle Aktivitäten in Österreich verwendet werden, versichert man, die Agenden des aufzulösenden Kulturinformationszentrums solle das Slowenische Wissenschaftsinstitut (SZI) in der Wiener Innenstadt übernehmen. SZI beschäftigt sich seit 1998 vor allem mit Geisteswissenschaften; als Plattform für zeitgenössisches Kulturschaffen war man hingegen nie aufgefallen. Kuratorische Kompetenz vor Ort dürfte aber gar nicht gefragt sein: Das künftige Programm soll im Ministerium in Ljubljana entworfen werden. Als Events schweben etwa ein Gastspiel der Slowenischen Philharmonie oder eine Schau slowenischer Impressionisten vor.

Ideologische Absichten

Inhaltliche Absichtserklärungen wie diese illustrieren aber auch, dass sich diese Einsparungspläne auch durch eine Abkehr vom Zeitgenössischen auszeichnen. Bisweilen kommt auch ein deutlicher ideologischer Spin hinzu, was im vergangenen Sommer für einen Eklat sorgte: Drei renommierte Kulturschaffende, ein Theaterregisseur und zwei bildende Künstler, hatten 2007 offiziell den Namen des auch damals amtierenden Premiers Janez Jansa angenommen und sich damals künstlerisch intensiv mit Fragen von Namensgebung beschäftigt. Zur Thematik entstand 2012 mit ” Jaz sem Janez Jansa” (“Ich bin J. J.”) ein intelligenter Dokumentarfilm, der dem MIZKS-Ministerium sichtlich keine Freude machte. Es kam zu Problemen mit vertraglich zugesicherten Subventionszahlungen an zwei Jans a-Kunstvereine, erst nach medialem Wirbel überwies das Ministerium ausständige Summen.

Trotz der artikulierten Pläne des zuständigen Ministeriums bleibt das Schicksal von SKICA unklar. Ein Residency-Programm für slowenische Literaten soll weiterlaufen. Und Leiterin Novak betont, dass Wien für die Internationalisierung von zentraler Bedeutung sei. Sie hofft daher, dass es weitergeht. In jedem Fall müsste das Aus von SKICA formal von der Regierung noch beschlossen werden. Nur: Jansas Kabinett befindet sich gerade selbst in Auflösung. (Herwig G. Höller, DER STANDARD, 28.1.2013)

http://derstandard.at/1358304830336/Abkehr-vom-Zeitgenoessischen

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